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Handarbeits-“Zauberei”

Ich habe heute mit einem neuen Stickprojekt begonnen: Einem Haussegen für meine Oma.
Nachdem ihr altes Bildchen mit dem Haussegen im Feuer verbrannt ist, möcht ich ihn ihr als Stickbild schenken.

Warum Handarbeits-“Zauberei”?
Nun, für mich ist (bestimmte) Handarbeit nicht nur einfach “Handarbeit”. Sicher kann sie “profan” und “nebenher” sein. Aber sie “kann” auch anders.

In vielen Kulturen standen Handarbeiten mit einer (oder mehrerer) Göttin(nen) in Verbindung. Besonders deutlich ist das in Hinblick auf die Spinnerei und Weberei.

Es gibt unzählige Mythen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen, die davon erzählen, wie das Leben und Schicksal der Menschen durch Göttin´ Hand versponnen und zu (unserem) Gewebe verwoben werden.

Nicht zu letzt gibt es auch hier und da in Mythen und Sagen, aber auch moderneren Erzählungen immer wieder Geschichten über magische Umhänge, Schwertscheiden, (Tarn)Kappen und ähnliches, die ja letztlich auch von irgendjemandem “gewirkt” wurden.

Ich handarbeite sehr gern.- Wenn auch leider viel zu selten.
Am Liebsten spinne, häkel und sticke ich. Und alle drei nutze ich hier und da immer wieder ganz gerne auch “magisch”.

Wie das funktioniert?
Nun, da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten.
Sehr gern nutze ich bestimmte Mantren oder Chants, die ich während der Arbeit singe oder gedanklich rezitiere.
Hinzu kommt natürlich auch die Visualisation.

Je nachdem, welchen Sinn und Zweck die Arbeit erfüllen soll, können natürlich auch verschiedene Dinge mit eingearbeitet werden, wie z.B.  (Edelstein)Perlen in eine Stickerei oder Haar in das Garn, was man spinnt.
Da ist natürlich schon etwas Kreativität gefragt ;).

Schließlich ist es dann am Ende noch möglich, die fertige Arbeit in einem kleinen Ritual zu “ermächtigen”/”weihen”/”energetisieren” (welchen Begriff man da auch immer verwenden mag) und dann seinem Verwendungszweck zuzuführen.

Verwendungsmöglichkeiten?!
Nun, derer sind unsagbar viele. Auch da ist halt zum einen erst mal die Frage, um was für eine Arbeit es sich handelt und zu welchen Zweck sie gedacht war.

Ein Garn kann z.B. für das Wirken bestimmter (Knoten)Zauber verwendet werden. Man kann aber auch ein Garn wirken, um daraus wiederum einen Ritualgegenstand herzustellen. Angefangen bei der Verzierung der eigenen Robe, bis hin zur Herstellung von Puppen, Kräutersäckchen, Aufbewahrungsbeuteln/Taschen von Ritualgegenständen… Lass da einfach Deine Phantasie spielen.

Was das Sticken und das Häkeln betrifft, da ist es von vornherein (wie ich finde) wichtig zu wissen, was man jetzt tun möchte.-Und sich dann darauf einstimmt.Möchte ich (wie in meinem Fall) einen Segen für jemanden wirken, der (göttlichen) Schutz und Beistand “beschwört”, so wäre es reichtlich kontra-produktiv, wenn ich da mit Groll, Wut, oder welcher Art negativer oder gar “zerstörerischer” Gedanken auch immer, an die Arbeit ginge.
Es gehören für mich meine liebevollen Gedanken dazu, all meine guten Wünsche und natürlich auch entsprechende Visualisierungen dessen, was der Zweck des kleinen “Stick-Zaubers” sein soll.
Für mich gehört ebenfalls dazu, dass ich entsprechende Segnungen formuliere und diese während des Stickens immer mal wieder ausspreche und so in die Arbeit “einwebe”.
Was ebenfalls für mich nicht fehlen darf ist auch einen entsprechenden Einbezug der Wesenheit(en), die für die entsprechende Person wichtig ist.

Wenn ich einen Handarbeits-Zauber für ander wirke, dann empfinde ich es persönlich wichtig, das dieser Zauber auch Dinge enthält, zu denen der Mensch eine Verbindung hat, die ihn ansprechen und die auch für ihn eine Bedeutung haben.Sicher, was man magisch (für andere) wirkt, be-wirkt natürlich auch was. Aber ich halte es da zusätzlich noch etwas mit dem Thema der “sich selbst erfüllenden Prophezeihung” ;):
Die eigenen Gedanken verstärken (oder vermindern) eben schon auch den Einfluss. -Oder um es noch mal anders auszudrücken: “Wie Du glaubst, so geschieht Dir.”

Ich persönlich halte nicht viel davon, im Leben und sein von anderen herum zu zaubern, und dann halt einfach zu gucken, was passiert.
Jeder hat zu Veränderungen in seinem Leben seinen Teil beizutragen. Den anderen dabei zu unterstützen, das er seinen Weg selbstständig und aus eigener Kraft geht und die Veränderungen, die für ihn wichtig und zuträglich sind, SELBST zu unterstützen, empfinde ich als wesentlich sinnvoller und wirksamer.
Aus diesem Grunde nutze ich dann eben auch die Symbole, die für den anderen ausschlaggebend und hilfreich sind, weil sich diese von meinen eigenen durchaus unterscheiden können.

Wenn Du daher selbst einen Handarbeits-Zauber, wie z.B. einen Haussegen wirken willst, dann überlege Dir die Symbolik und die Worte dabei genau.
Schließlich ist es kontraproduktiv, wenn der-oder diejenige, die ihn erhält mit Ablehnung darauf reagiert, bzw. so gar nichts damit anfangen kann. 😉

Wenn Du z.B. wie ich, Deiner christlichen Oma einen solchen Segen zum Geschenk machen möchtest, dann wird sie vermutlich herzlich wenig damit anfangen können, wenn dieser den Gehörten und die Göttin anruft ;).Mit Glück, wird sie ihn zwar freundlich lächelnd annehmen, aber ob sie ihn aufhängt und zulässt, dass das, was Du mit hineingewirkt hast tatsächlich wirk-sam wird,  steht dann allerdings auf einem völlig anderen Blatt.

So arbeiten und das andere hinein-wirken?
Manchen mag sich vielleicht die Frage aufdrängen, ob man nicht z.B. christliche Symbolik verwenden und halt dann doch den Segen von Göttin und Gott hineinwirken kann.
Nun, ich werde mich hier nicht dafür oder dagegen aussprechen oder sagen: “Sowas geht überhaupt nicht!”
Ich weiss, das viele Heiden aus den unterschiedlichsten Gründen ein “Problem” mit “dem” Christentum und “dem” christlichen Gott haben. Auf mich persönlich trifft das allerdings nicht zu, so dass ich da für mich keine Schwierigkeiten habe.
Aber von mir auf andere zu schließen, geht da eben auch nicht.
Letztlich würde ich da jeder/jedem raten auf ihr/sein Gefühl zu hören, bzw. ggf. seine Götter, Göttinnen und begleitenden Geister (so sie oder er welche haben) um Rat zu fragen.

Natürlich gibt es auch innerhalb der heidnischen Szene dann auch diejenigen, die jetzt aufschreien und sagen, dass es so starke Interferenzen zwischen den Energien der verwendeten Symbole und den “Anrufungen” gibt, dass man davon die Finger zu lassen habe und so eine “wilde Mischung” auf gar keinen Fall tun sollte.
Ich bin kein Fan von Schwarz-Weiss-Denken, schon gar nicht in Bezug auf Magie und Spiritualität/Religion. Es gib für mich kein “richtig” oder “falsch”, sondern ausschließlich ein “anders”.
Was sich für mich als “richtig” und “gut” erweist, muss es noch lange nicht für einen anderen sein ;).
Aus diesem Grund mein Rat: “Hör auf Dein Gefühl und auf den Rat derer, die Dich begleiten.”
Damit wirst Du, meiner persönlichen Meinung nach, immer am besten Fahren, egal was andere Dir einreden mögen.

Wenn Du eine “Kombi” ausprobieren möchtest, und Du hast ein positives Gefühl dabei, dann tu es.
Hast Du dagegen irgendwelche Vorbehalte, dann finde heraus, worin sich diese Begründen und ob sich diese beseitigen lassen.
Hast Du ein gänzlich negatives Gefühl, dann versuch auch da vielleicht erst mal herauszufinden, worauf sich dies begründet. Vielleicht lässt sich das ja lösen? Sollte das nicht der Fall sein, dann würde ich Dir schon an Herz legen, es sein zu lassen.
Das was Du vorhast soll ja für den jenigen, der es erhält schließlich “zum Segen gereichen”. Wenn Dich dabei allerdings ein ungutes Gefühl oder gar ein “schlechtes Gewissen” plagt, wirst Du von Deinen guten Vorsätzen nicht viel erreichen. Zumindest meiner Meinung nach, denn wie heißt es so schön:

“Energie folgt der Aufmerksamkeit!” 😉

Achtsames Arbeiten
Zuletzt sei noch auf eine Sache hingewiesen:
Dem achtsamen Arbeiten.
Denkt daran, dass Ihr, wie bei jeder magisch-religiösen/spirituellen “Arbeit” nicht nur einfach hier auf dieser Ebene wirkt in dem Ihr da etwas schönes an Handarbeit verrichtet, sondern dabei seid, etwas aus “göttlichen” Ebenen/Sphären (oder wie immer Ihr dies nennen mögt) hier in der materiellen Welt zu manifestieren.

Wenn man nicht grade zu den absoluten Perfektionisten zählt, so neigt man vielleicht doch schnell dazu, nicht ganz so konzentriert und “sauber” zu arbeiten.
Bei “profanen” Dingen lasse ich in manchen Dingen auch gern mal alle fünfe grade sein ich achte zwar schon darauf, dass sich z.B. bei einer Stickerei keine Knötchen bilden oder sich die Fäden zu stark verheddern, aber ich bekomme auch nicht gleich die Krise, wenn ich später feststelle, das mir doch ein oder zwei Knötchen im Faden dazwischen gekommen sind.

Bei “magischer Handarbeit” seh ich das (für mich persönlich) jedoch etwas “strenger” und arbeite da mit besonders viel Sorgfalt und mit besonderer Achtsamkeit.
Knötchen, Fadengewirre usw. die während der Arbeit unbewusst gebildet werden, können z.B. auf ungewollte Weise unerwünschte Gefühle oder Gedanken an und in unsere Arbeit binden. Ggf. entfalten sie dann in der Form ihre Wirkung, in dem sie das eigentlich Gewollte schlicht blockieren oder unwirksam machen, oder sie können sich statt dessen manifestieren oder sich auf andere Weise bemerkbar machen.

Um diesen entgegen zu wirken, ist es meiner Erfahrung nach sinnvoll sich mit einer besonderen Hingabe und in einer Zeit dieser Arbeit zu widmen, in der man die größtmögliche Konzentration und Sorgfalt aufbringen kann.

Letztlich ist es wie mit allen Ritualen:
Es sollte die Zeit, der Ort, aber auch die eigene Verfassung stimmen. Letzteres empfinde ich als besonders wichtig, weil sie (für mich) in direkten Zusammenhang mit der Fähigkeit steht, sich zusammeln, zu zentrieren, sich auf etwas zu fokussieren und entsprechend “Energien” zu lenken.

Um diesen langen Artikel noch mal kurz zusammen zufassen:
Handarbeiten, besonders das Spinnen und Weben ist den meisten (alten) Kulturen und ihren Mythologien nicht nur als eine profane Aktivät der Stoffherstellung gesehen worden, sondern vielmehr als ein magisch-kreativer und heiliger Akt, mit dem die Schöpfung, ja die Schicksale von Menschen und Göttern gesponnen und verwoben wurden.
Nicht zu Letzt treffen wir in Sagen, Mythen oder auch Märchen und Erzählungen auf magische (bestickte) Umhänge, Kappen und ähnliches.
Ich persönlich halte die “Magie der Handarbeit” für ziemlich alt, aber das ist meine persönliche Meinung.

Um Handarbeits-Zauber zu wirken, gibt es die unterschiedlichsten Formen. Z.B. Spinnen, Weben oder auch das Häkeln und Sticken.
Was man alles so anstellen kann… Das reicht von Ritualgewändern über Bestickungen für die Behältnisse von Ritualgegenständen hin zu (gestickten) Haussegen, Amuletten und ähnlichem.

Auch wenn Handarbeiten so einfach wirken (und mit etwas Übung auch sind), so ist, meiner Meinung nach, auch eine gewisse Sorgfalt und Achtsamkeit bei der Arbeit unerlässlich.
Unachtsam eingewirkte Knoten, Verfilzungen, Fadengewirr oder ähnliches können ggf. zu unerwünschten Nebeneffekten führen oder dazu führen, dass der gewirkte Zauber unwirksam bleibt.

LG&BB
Siat

Über das “Geister fangen und dienstbar machen”

Die Welt der Magie, der Esoterik und des Heidentums ist vielfältig und groß, und so individuell wie hier und dort die einzelnen Pfade sind, so sind dies auch die Praktiken und der Umgang mit Wesenheiten.
Ja selbst dann, wenn man sich einer Gemeischaft, Gruppe oder ähnlichem angeschlossen hat.

Eine Praktik, die mir über das Pan über den Weg gelaufen ist, ist die des “Geister (ein)fangens und dienstbar machens”.

Techniken gibe es sehr vielfältige, unterschiedliche und sind seit eh her bekannt.
Die einen bemühen die Siegel der Goetia, wieder andere Voodoo oder Santeria, wieder ganz andere Folksmagie oder ähnliches. Wieder andere denken sich was eigenes aus.

Letztlich ist der Ablauf in meinen Augen immer derselbe:
Eine Wesenheit (dazu gehören für mich eben auch Geister) wird in eine Falle gelockt, eingesperrt und dann benutzt, damit sie Wünsche erfüllt oder “Befehlen” gehorcht um die unterschiedlichsten Ziele zu erreichen.

So etwas widerspricht total meinem persönlichen Ethos (aber dafür bin ich ja auch keine richtig trve-evil-Schwarzmagierin, nöcht?). Klar kann man argumentieren, dass es seit Menschengedenken solche Techniken gibt. Aber Missbrauch bleibt Missbrauch.-Auch wenn ein Teil oder eine Gruppe der Gesellschaft dieses für akzeptabel, hinnehmbar und/oder entschuldbar betrachten mag!

Aber Geister sind keine Menschen, nöcht?!
Nun ja, dies kommt natürlich wieder auf die Weltsicht des Einzelnen an.
Bedenke ich, dass einige dieser Wesenheiten auch Seelen (von Menschen) sein können die sich, aus welchen Gründen auch immer noch hier befinden, statt ihre Reise fortzusetzen, dann bekommt es für mich noch einen ganz anderen üblen Beigeschmack.
Nun gut… sicher mag auch der Gedanken etwas Verlockendes haben, wenn man sich vorstellt, die Seele einer (verstorbenen) Person einzufangen, die einem geschadet hat…
Aber auch diese Seelen haben ein Recht auf ihren weiteren Pfad.

Ich frage mich, in wieweit Menschen, die nicht davor zurück schrecken Geister zu fangen und dazu zwingen, ihnen zu dienen, davor zurück schrecken, in ähnlicher Weise (noch lebenden) Menschen zu begegnen und mit diesen umzugehen?-Oder eben auch nicht.

Manche mögen sagen, dass ich dies doch nicht so gegenüberstellen könne. Da möchte ich die Gegenfrage stellen: “Und warum nicht?”
Ich persönlich kann mir jedenfalls kaum vorstellen, das sich das Verhalten wesentlich unterscheidet.


Behandle andere, wie Du auch gerne behandelt werden möchtest-Oder: Wie Du in Wald hineinschallst, schallt es wieder heraus
Dies sind zwei meiner Grundsätze, auch wenn ich mit anderen Wesenheiten zu tun habe.
Wenn man sich auch noch für so überlegen und mächtig hält: Es kann immer jemand/etwas kommen, das/der zwar den Eindruck erweckt klein und schwach zu sein, aber einem dann ganz gehörig den Po pudern und damit eine sehr saftige Rechnung präsentieren kann.

Freundlichkeit und eine Begegnung auf gleicher Augenhöhe (es redet ja niemand davor, vor dem anderen zu buckeln 😉 ) führen ebenso zum Ziel, und kann auch zu einer sehr innigen und freundschaftlichen Beziehung werden, in der man sich eben auch gerne und aus Gefälligkeit hilft.

Anders geht es auch
Möchte ich, dass mir eine Wesenheit hilft, dann muss ich diese nicht fangen und versklaven.

Meiner eigenen Erfahrung nach kann man auch schlicht und ergreifend nachfragen und um Hilfe und Unterstützung bitten. Nun, ich versteh schon… Das mag sicherlich für das eine oder andere Ego alles andere als “erfüllend” sein *g*.

Und wenn man einen Deal anbieten will, dann kann man auch ganz einfach sagen: “Wenn Du mir hier und dabei Deine Unterstützung gibst, dann bekommst Du dieses oder jenes im Gegenzug”. Dazu muss ich niemanden in einen Gegenstand sperren oder an was auch immer binden.

Klar, ich erlebe es selbst, dass Geister ganz gerne Gegenleistungen für ihre Hilfe annehmen. Warum auch nicht? Darin unterscheiden sie sich eben auch nicht von uns Menschen.
Wir haben es ja schließlich auch ganz gerne, wenn unsere Bemühungen anerkannt werden, oder?
Manchmal sagen einem die Geister selbst, was sie verlangen, andere wiederum geben sich damit zu frieden, wenn man sich einfach etwas Nettes selbst einfallen lässt.

Und wenn man möchte, das jemand bleibt?!
Nun auch da kann man höflich sein, und die betreffende Wesenheit schlicht und ergreifend erst einmal fragen, ob sie das möchte. Wenn ja, dann kann man ihr ein Heim anbieten.

Wie dies aussieht… Nun, auch hier kann man sich dann entweder mit der Wesenheit beratschlagen, vielleicht sagt sie dies auch, oder sie gibt zu verstehen, dass man sich was ausdenken soll.

Eine Wesenheit, sei es die Seele eines Verstorbenen, ein Naturgeist, eine Gottheit oder wie auch immer als einen GAST zu betrachten und zu behandeln, statt als einen Gefangenen und Diener führt immer (zumindest meiner persönlichen Meinung nach) zu weit mehr Erfolg und zu einer wesentlich fruchtbareren Beziehung.

LG & BB
Siat

Chant und Mantra-Ein kleiner Versuch der Unterscheidung

Viele Menschen vermischen sehr gerne die Bezeichnungen Chant und Mantra.
Dies mag vielleicht auch an der hier und da auftauchenden, irreführenden Formulierung liegen, man würde einen Mantra chanten.
Das es jedoch tatsächlich Unterschiede gibt, das ein Chant nicht unbedingt ein Mantra und ein Mantra erst recht kein Chant sein muss, ist den wenigsten bewusst.

Doch was unterscheidet sie voneinander?

Auf den ersten Blick scheinen die beiden mehr gemeinsam zu haben, denn Dinge, die sie trennen.
Versuch ich also, mal ein wenig Klarheit rein zu bringen.

Wenn wir beide oberflächlich betrachten, so handelt es sich sowohl beim Chant als auch Mantra um recht eingängige, mehr oder minder kurze Verse oder Texte, die wiederholt gesungen, gesprochen oder in einem Sprechgesang wiedegegeben werden.
Versuchte ich, die Unterschiede der beiden kurz zu erklären, würde es vermutlich darauf hinauslaufen, zu sagen:
Ein Chant dient erst mal in erster Linie dazu, Energie aufzubauen, zu forkussieren und (eventuell) bei ihrer Lenkung zu unterstützen und er ist meist recht kurz gehalten.

Ein Mantra hingegen zielt in erster Linie darauf ab, sich zu vertiefen, (in eine Gottheit/ein Mandala) zu versenken und/oder sich besser konzentrieren zu können (z. B. in der Meditation).
Und sie können beides sein: kurz oder aber auch recht lang!

Doch gucken wir uns beides nun ein wenig genauer an.

Chant

Das Wort “Chant” hat seine Wurzeln im Englischen “to chant” (=„(ab) singen, (vor sich hin) leiern, rhythmisch rufen“ (oder auch „im Chor grölen“)).
Darüber hinaus besitzt es auch noch im musikalischen Sinne die Bedeutung von “Choral” und im religiösen Sinn von “Kirchenlied”.
Allgemein kann ein Chant auch verstanden werden als “(Kirchen)Gesang, Sprechchor” oder schlicht “Tonfall”.
In der einfachsten Form handelt es sich bei einem Chant also um das Singen oder (melodische) Sprechen von meist kurzen, einfachen und eingängigen Texten, wobei dabei auch Körperbewegungen oder Tanz eingesetzt werden können.

Die Funktion eines (mehrfachen wiederholten) Chants kann je nach (heidnischer/weltanschaulicher) Gruppe unterschiedlich und vielfältig sein.
– Förderung, Stärkung und Fokussierung des Gruppengeistes
– Förderung der Trance
– Erlangung eines meditativen Zustandes
– Aufbau und Lenkung der (Gruppen) Energie

Mantra

In der Wikipedia wird Mantra übersetzt mit “Instrument des Denkens/der Rede”.
Der Begriff stammt aus dem Sanskrit und bildet sich aus den Silben “man” und “tra”.
“Man” stammt von “manas” ab, was unter anderem mit “Geist, Überlegung, Denken” übersetzt werden kann.
“Tra” hat seinen Ursprung womöglich eher in “traarayati” (von der Wurzel “tRR”), was soviel bedeutet wie “erfüllen, übersetzen/überqueren, klar machen, erreichen”.

Das Wort Mantra kann meiner Meinung nach also vermutlich eher damit übersetzt werden, dass es sich dabei um etwas handelt, dass den Geist/das Denken erfüllt, diesen/s klar macht, aber auch dazu führt, dass das Denken “überquert” wird und so zu inner Stille und Frieden führt, die/der den Geist klar und frei macht, z.B. für das persönliche Erleben mit einer Gottheit.
Im ursprüngelichen Sinn handelt es sich bei einem Mantra um einen religiösen Vers, bzw. eine Strophe, der/die meist aus den Veden, also den alten heiligen Schriften der Hindus stammt.
So gesehen handelt es sich dabei um einen Teil vedischer Poesie.
Die Veden (wie auch andere Schriften) wurden in Strophen/Verse gefasst, damit sie leichter zu verinnerlichen und auswendig gelernt werden konnten.

Innerhalb des Hinduismus (und seinen verschiedenen Richtungen) gibt es unterschiedliche Formen des Mantra, wobei ich weiter unten nur kurz ein paar herausgreife, weil sie unter sich schon dermaßen Komplex sind, dass Bücher damit gefüllt werden.
Mantren werden, im Gegensatz zu Chants, dazu eingesetzt, mentale und sprituelle Energien freizusetzen, Götter (und ihre Energien) zu e- bzw. invozieren.
Es gibt keine spirituelle Praxis innerhalb des Hinduismus und seinen unterschiedlichen Richtungen, ohne Mantren, angefangen vom (täglichen) Puja (=Ritual) hin zu Meditation, oder anderen sprituellen Praktiken.

Da das Leben vieler Hindus auch im Alltag von ihrer Spiritualität durchwoben ist, werden Mantren auch im Alltag rezitiert.
Vor der Schule, vor wichtigen Entscheidungen, vor Mahlzeiten, zum Aufstehen oder Schlafen gehen…
Der Möglichkeiten gibt es unsäglich viele.

Neben “kürzeren” Mantren gibte es auch längere, wovon die ältersten zu den Opferformeln und Gebeten zählen, die in den Veden weitergegeben wurden.

In der vedischen Religion, zumindest in vielen ihrer Richtungen, wird auf den richtigen Klang, bzw. auf die richtige Aussprache der Worte im Ritus ein besonderer Wert gelegt, weil nach vedischem Verständnis davon die Wirksamkeit der Opferhandlung bzw. des Gebetes abhängig ist.
In manchen vedischen/hinduistischen Richtungen ist es üblich, dass ein Schüler von seinem Guru ein persönliches Mantra bei seiner Einweihung erhält, das er immer wieder rezitieren und das ihn zu Erkenntnis und Weisheit führen soll.

Bestimmte Mantren, bzw. Kombinantionen von Mantren können außerdem auch auch als Beschwörungs-oder Anrufungsformeln verwendet werden.
Zum Beispiel gegen Schlangen, Dämonen, zur Bannung von ungünstigen Energien und Kräften oder aber auch als Anrufgungsformeln für Götter oder andere Wesenheiten.
Mantra-Formen

1. “Saguna”-Mantren (= “mit Form”)

Nama-Mantra
Beim Nama (=Namen)-Mantra handelt es sich um das wiederholen des Namens einer Gottheit, das die Gegenwart der Gottheit entweder evoziert oder invoziert (nicht nur in einen Menschen, sondern z. B. auch in eine Murti (=Bildgestalt wie Statue) oder einfach ihre Energie ruft.

Es gibt unterschiedliche “Formen” des Nama-Mantras.
So kann

  • nur der Name der jeweiligen Gottheit rezitiert werden
  • der Name zusammen mit “Om namo…” (“Verehrung/Ehre sei…”) oder
  • zwischen “Om…namah(a)” (“Gegrüßt sei…”) oder
  • mit  (Om) “Jay”/”Jaya…” (“Sieg (dem, der) …”)

erscheinen, oder manchmal auch in anderen unterschiedliche Konstellationen.

Das beständige, mündliche Wiederholen eines Mantras wird “japa” genannt.
Je nachdem wird es “nama-japa” genannt, “mantra-japa” oder auch (wenn eine Art “Rosenkranz”, das Mala, verwendet wird) “mala-japa”.
Eine weitere Form ist das “likhita-japa”, d.h. das wiederholte niederschreiben eines Mantras auf ein Stück Papier, in ein Heft oder auf andere Materialien.

Zu den Saguna-Mantren gehört z. B. auch das sehr populäre Gayatri-Mantra.

2. Bija-Mantra/Bija-Akshara
“Bija” bedeutet “Same, Keim”.
Es sind Silben, die meist einer bestimmten Gottheit zugeschrieben werden und/oder bestimmte spirituelle Kräfte zugeschrieben werden.

So z. B.
Aim=Sarasvati
Shreem=Lakshmi
Hreem=Bhuvaneshwari
Gam= Ganapati (=Ganesha)

Zu den Bija-Mantren gehören auch das “Om” und die den Chakren zugewiesenen Silben.

3. “Nirguna”-Mantren (=”ohne Form”)
Dies sind “abstrakte” Mantren, die weder eine bestimmte Gottheit e-bzw. invozieren, noch sich an eine bestimmte andere “Wesenheit” wenden.

Dazu wird manchmal auch das “Om” gezählt.
Andere Mantren die dazu gehören sind z. B.
“Soham” = Ich bin der ich bin
“Aham Brahma asmi” = Ich bin Brahma

Mantren außerhalb des Hinduismus
Doch nicht nur im Hinduismus werden Mantren verwendet.
Der Buddhismus, der sich aus dem Hinduismus entwickelte, hat sich ebenfall das Rezitieren von Mantren in seiner spirituellen Praxis erhalten.

Im Vajrayana (dem „Diamantfahrzeug“)-Buddhismus, zu dem die tibetische Tradition ebenso gehört wie das japanische Shingon) spielen Mantren eine so entscheidenden und wichtige Rolle, dass er auch als „Mantrayana“ (also „Mantra-Fahrzeug“) bezeichnet wird.

Im tibetischen Buddhismus sind die Mantren in der Regel in Sanskrit überliefert, wobei sich jedoch die Aussprache mitunter verändert (als Beispiel sei hier das „Om mani padme hum“ (sanskr.) und „Om mani peme hung“ (tibet.) genannt) und wie im Hinduismus werden Mantren von qualifizierten Lehrer während der Einweihung an ihre Schüler weitergegeben.

Es gibt auch einige Mantren, die rein in tibetischer Sprache verfasst sind und sich als Referenz an bekannte tibetische Heilige (wie z. B. Milarepa) richten.

Jedem Buddha (und im tibetischen Buddhismus auch Bodhisattva) ist ein eigenes, langes Mantra zugeordnet.
So zum Beispiel das „Om mani padme hum“/“Om mani peme hung dem Bodhisattva Avalokiteshvara bzw. Chenrezig.

Bei den buddhistischen Mantren handelt es sich in der Regel um „Kernaussagen“ oder auch „Merksprüche“ der buddhistischen Lehre, die meistens in ihrer Ursprache, meist ist dies Sanskrit, weiter gegeben werden.
Bei der Meditationspraxis spielen Mantren eine wesentliche Rolle, da sie zum einen als Meditationsobjekt dienen, andererseits aber auch zur Anrufung eines Buddhas/eines Bodhisattvas, über den man meditieren und dazu visualisieren möchte (und der somit dann zum Meditationsobjekt wird) benutzt wird.

Das Mantra hat somit die Funktion einer Stütze, die den Gedanken dabei hilft, bei dem Objekt der Meditation zu bleiben, während dann das Ziel einer Mantra-Rezitation ist, nicht mehr auf das Mantra an sich zu fixieren, sondern das Meditatinsobjekt zu erfahren (d. h. zum Beispiel selbst zu dem visualisierten Buddha/Bodhisattva) zu werden.

Buddhistisch Mantras sind häufig in einer gewissen Weise aufgebaut und man unterscheidet in der Regel zwischen Keimsilben (wie im Hunduismus), denen auch im Buddhismus bestimmte Wirkungen und Funktionen auf das Energiesystem zugesprochen werden, Kernaussagen oder die Namen von Buddhas/Bodhisattvas oder Heiligen/Gurus.

Als Keimsilben werden im Buddhismus zum Beispiel „OM, AH“ oder „HUM“.
In der Regel beginnt und endet ein buddhistisches Mantra mit einer Keimsilbe, zwischen denen dann eine Kernaussage oder der Name eins Buddhas, Bodhisattvas oder eines Heiligen geestzt wird.

Viele Mantras beginnen außerdem mit „tyatha“ und enden mit „HUM“ oder „soha“.

Dem Mantra wird im Buddhismus nachgesagt, bestimmte Schwingungsfrequenzen zu haben und zu erzeugen und außerdem selbst ein Aspekt der sogenannten „Urschwinung“ zu sein, die der Hinduismus als „Shabda“ oder „Nama“ bezeichnet und die vergleichbar mit dem kabbahlistischen SCHEM ist.

Farben, Symbolen (zum Beispiel als Thankas oder Mandalas) und dergleichen (visualisiert oder physisch „anwesend“), verstärken oder verändern die Wirkung eines Mantras, wobei die Wirkung auch von der Kraft desjenigen abhängt, der meditiert und von der Dauer, die der Meditierende die Schwingung aufrechterhält.

In der Meditation dienen Mantras in erster Linie zur Transformation des Meditierenden, da ein Mantra einer bestimmten Buddha bzw. einer bestimmten Geisteshaltung zu geordnet ist und die Rezitation dieses Mantras dazu dient, die entsprechende Geisteshaltung zu fördern und hervor zu bringen.
Unterstützt wird der Effekt zum Beispiel durch die Keimsilben, welche die Aufmerksamkeit des Meditierenden zusätzlich auf bestimmte Energiezentren im Körper lenken.

Wer sich darüber hinaus mit offenen Augen umsieht, der kann erkennen, dass die Praxis der Mantra-Rezitation auch in anderen Religionen und Weltanschauungen bekannt ist, wenn auch nicht unter demselben Namen.

Das Rezitieren der 99 Namen Allahs würde ich ebenfalls dazu zählen wie das “Ave Maria” oder das “Vater unser”, oder ähnliches.

LG
Siat